Mail an Stadtplanungsamt, Handelskammer und Büro Dr.Jansen Stadtplanung
verfasst von Andrea Knobloch als Reaktion auf die "Quartiersgespräche"
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für die Zusendung des Protokolls des 1. Quartiersgesprächs Worringer Platz.
Vielleicht sollte die Bezeichnung "Quartiersgespräch" noch einmal überdacht werden, da sich der nunmehr eingeleitete Planungsprozess zwar auf die Gestaltung des öffentlichen Stadtraums bezieht, zur Beteiligung an der Entscheidungsfindung allerdings keineswegs die Quartiersöffentlichkeit, sondern lediglich solvente Akteure aufgefordert sind.
Aus meiner Sicht kann die Gestaltung des städtischen Raums, der Alltagsumgebung für viele ist, nicht exklusiv an den Interessen weniger ausgerichtet sein. Aber genau dies, nämlich Exklusivität, ist Programm des von Ihnen gestalteten Verfahrens.
Ich bitte Sie, zu bedenken, dass eine Umgestaltung, die ausschließlich von kommerziellen Interessen getragen wird, keineswegs zu einer nachhaltigen Verbesserung der Situation auf dem Platz führen wird. Das haben viele derartige Versuche in der Vergangenheit bewiesen. Das zwischenmenschliche, soziale Gefüge auf dem Platz benötigt Ihre Aufmerksamkeit. Die hier seit langem aktiven Künstler/innen haben mit ihren Aktionen genau an diesem Punkt angesetzt. Kunst konnte Impuls für nachbarschaftliches Handeln werden, anstatt die Dekoration für elendige Verhältnisse zu liefern.
Das Kunst in der Geschichte des Worringer Platzes immer schon eine Rolle gespielt hat, entnehmen Sie bitte dem angehängten PDF eines Artikels, den ich zu diesem Thema veröffentlicht habe (Der Architekt, Ausgabe 2/2007 »Brot und Spiele. Die Stadt als Kunstwerk«, Hrsg.: BDA, S.24ff). Die im Rahmen des 1. Quartiersgesprächs initiierte Diskussion zu diesem Thema hat gezeigt, wie wenig es gelungen ist, die Qualität der auf dem Platz geleisteten künstlerischen Arbeit nachhaltig in die öffentliche Diskussion zu bringen.
Aus meiner Sicht ist die gleichberechtigte und partnerschaftliche Einbindung künstlerischer Aktivitäten in den anstehenden Umgestaltungsprozess nicht nur notwendig, sondern auch außerordentlich produktiv, um zu innovativen Konzepten zu finden, die neben der Stadtmöblierung auch die Gestaltung des sozialen Raums in den Blick nehmen. Der Worringer Platz ist keine Königsallee und auch keine Graf-Adolf-Straße. Konzepte, die dort funktionieren, sind nur sehr bedingt übertragbar. Aber das wissen Sie sicher viel besser, als ich. Trotzdem möchte ich nicht versäumen, Sie auf den
großen Erfahrungsschatz und das praktische Wissen über den Platz und seine Bewohner/innen hinzuweisen, das von Künstler/innen über die Jahre angesammelt wurde. Eine Quelle, die produktiv und sinnvoll zu nutzen wäre, würden nicht allein Bankkonto und Grundbucheintrag über ein Rederecht im "Quartiersgespräch" entscheiden.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Knobloch
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