Im WP8 wird sogar "Loddar" zur Kunst
KUNSTVEREINE in DÜSSELDORF
Düsseldorfs ältester Kunstverein ist das "WP8" an der Kölner Straße. Einer der Gründungsmitglieder war der weltberühmte Fotograf Andreas Gursky.
Düsseldorf. Es fällt kaum auf, dieses kleine, graue, fast schon schäbige Eckhaus an der Kölner Straße 73. Die Fenster sind blickdicht abgeklebt. Über der Eingangstür steht ein Schild "Künstlerverein", auf einem Fenster eine große schwarze Nummer: 8. Beim Vorbeigehen fragt man sich, was sich wohl hinter der düsteren Fassade verbirgt? "Vorher war das ein Schwulenclub, danach eine Hardrock-Bar", sagt Kay Kaul. Und jetzt? Das Heim des Kunstvereins "WP8", Düsseldorfs "erster und einziger Underground-Sub-Kunstverein". "Ohne das WP8 hätte es diese Kulturlandschaft überhaupt nicht gegeben", sagt Kaul, seit Januar 2005 erster Vorsitzender des Vereins.
Gegründet wurde das WP8 (der Name entstand übrigens durch die ehemalige Postadresse "Worringer Platz 8", kurz WP8) 1992 von sieben Kunstakademie-Absolventen. Darunter Claus Föttinger, Fenja Braster, Hendrik Krawen, Stefan Ettlinger, Heinz Hausmann und der weltberühmte Fotograf Andreas Gursky. Die ganz frühen Wurzeln des Vereins liegen eigentlich an der Kölner Straße 170. "Die Basis war die WM-Bar im Atelier von Hendrik Grawen und Fenja Braster", sagt Heinz Hausmann. Man traf sich, "nur um Fußball zu gucken" und überlegte anschließend, einen Ort für regelmäßige Künstler-Treffen zu finden. "Wir wollten einen Club mit Ledersofas", sagt Hausmann, der als Kassierer anfing und von 1993 bis 2000 Geschäftsführer war. Der Raum direkt am Worringer Platz wurde gefunden, renoviert und eingerichtet: Es gibt eine Bar, einen Fußball-Kicker, aber keine Sofas. "Es kamen Leute aus der Ecke , aus dem Tanzhaus, auch Musiker und DJs." Neben dem Ziel, eine Plattform für Künstler zu bieten und ein eigener Club zu sein, ging es auch um "Punk oder Style".
Durch die ständige Fluktuation der Mitglieder, änderte sich auch das Leben innerhalb des Kunstvereins. Er ist nach all den Jahren viel offener geworden. Neben Ausstellungen, Lesungen oder Videovorführungen gibt es verschiedene Bar-Abende: "Artonaut" Charles Wilp war bei einer Podiumsdiskussion mit dabei und selbst Galerist Konrad Fischer organisierte einen eigenen Abend. Alle Jahre wieder gibt es WMrespektive EM-Fußball-Bars, von Heinz Hausmann organisiert. Auch 1998 "mein Lieblings-WM-Jahr", schwärmt der 45-Jährige. Frankreich gewann die Weltmeisterschaft und Hausmann den internen WP8-Fußball-Tipp. Neben der Fernsehübertragung aller Spiele, gab es eine szenische Lesung von Schauspieler Daniel Berger aus der Biografie "Mein Tagebuch" von Lothar "Loddar" Matthäus. Auch die von Volker Ziebarth kuratierte Ausstellung "Dein Bild der Stadt" von 55 Künstlern, die in die Räume der benachbarten Sparkasse ausgelagert wurde, war ein Highlight des WP8.
Circa 150 passive Mitglieder hat der Verein. Der Jahresbeitrag beträgt 55 Euro oder fünf Euro im Monat. "Der `tote Punkt` wurde schon öfter überwunden", gibt Volker Ziebarth offen zu. Vor allem der finanzielle. Viele möchten sich nicht an einen Verein binden, keine direkte Verantwortung übernehmen oder haben einfach kein Geld. Trotz einiger Probleme und der manchmal fehlenden Bereitschaft zur Eigeninitiative "schafft man es doch, ein Kollektiv zu bilden", sagt Kay Kaul, der recht spät zum WP8 stieß: "1998, zu einem Sushi-Abend." Seit 1996 wurde mittwochs algerisch gekocht, später übernahmen koreanische Künstler das Konzept, brachten kaltes Sushi oder dampfende Nudelsuppe auf den Tisch. Kauls Lieblings-Bar-Abend war "das Star Trek-Casino, da wurde klingonisches Ale ausgeschenkt". Das ist eine Mischung aus Aldichampagner und Lipovitan, ein Energy-Drink aus dem Asia-Shop. Die Konsequenz: "Es wurde um acht Uhr wieder hell und keiner hat`s gemerkt". Dazu flimmerten Ausschnitte aus Raumschiff-Enterprise-Filmen.
In diesem Jahr soll sich einiges ändern: Die Homepage wird demnächst aktualisiert, und "es soll mal wieder renoviert werden". Wo sehen sich die Künstler in zehn Jahren? Kaul: "Hoffentlich Zigarre rauchend auf Ledersofas".
WZ 27.01.05Von Simone Beckmann
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